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Leserbrief zu: BNN vom 12.3.2014: "Gefasste Japaner"

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Sehr geehrter Herr Stark,

ich kann es mir nicht verkneifen, Ihnen meine Meinung zu Ihrem Artikel in den
BNN vom 12.3.2014: "Gefasste Japaner" zu schreiben.

Sie schreiben vom Abwägen der Japaner und dass diese glauben, dass sich
"eine hochentwickelte Industrienation nicht von heute auf morgen von der Atomtechnik verabschieden kann". In Ihrem Artikel spielen Sie auch auf die angebliche Panik der Bundesregierung an, die vermeintlich voreilig den Atomausstieg beschlossen haben soll: "Jedenfalls führt die japanische Entscheidung vor Augen, dass Panik nicht der beste Ratgeber ist".

Ich meine, die große Panik würde dann kommen, wenn in Deutschland oder
im angrenzenden Ausland ein GAU passiert. Ich bin der festen Überzeugung, viele Menschen würden Hals über Kopf das Land verlassen - so sie es denn dürften.
Wenn ich Polizist, Arzt oder Feuerwehrmann und in der Nähe wäre, würde
ich auch mit Kind und Kegel abhauen. Nach dem GAU in Japan sind zuerst
die Börsenmakler von Tokio nach Hongkong geflohen - wenn ich mich recht erinnere.
Ich würde davon ausgehen, dass die Ordnung in Deutschland nach einem GAU auch nicht mit Polizei und Bundeswehr aufrecht zu erhalten wäre.
Es würde zu Hamsterkäufen kommen und die Menschen würden ihr Erspartes
von den Banken abheben und versuchen, soweit wie möglich der Gefahrenzone zu entfliehen. Auf Autobahnen, Bussen, Bahnen, Flughäfen und Schiffen würde es zu katastrophalen Zuständen kommen. Sehr viele Menschen würden verständlicherweise versuchen, der radioaktiven Wolke zu entkommen. Und stellen Sie sich vor, wenn in Deutschland ein GAU passieren würde, wie viele hunderttausende Menschen direkt betroffen wären!

Und nicht von ungefähr haben Experten der Strahlenschutzkommission aus dem Nuklear-Gau im japanischen Atomkraftwerk Fukushima ihre Lehren gezogen und vorgeschlagen, die Vorgaben für den Katastrophenschutz zu verschärfen. Derzeit werden die Empfehlungen von Bund und Ländern diskutiert.

Es war nicht Panik, sondern höchste Zeit, dass die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat. Uns Atomkraftgegnern ist jedoch die Zeit bis 2022 noch viel zu lang und wir würden lieber heute als morgen aussteigen.

Wir Atomkraftgegner werfen den Energieversorgern und Managern schon seit
Jahrzehnten vor, dass sie sich nicht nach neuen alternativen Geschäftsfeldern umgesehen und dezentrale Energien erforscht und entwickelt haben. Noch nicht einmal die einfachste aller unternehmerischen Grundregeln haben unsere hochbezahlten Manager beachtet, nämlich: "Produkte kommen und gehen, Funktionen aber bleiben".

Ich wünsche mir von Ihnen (und den BNN), dass Sie endlich die
berechtigten Bedenken der Anti-Atomkraft-Bewegung ernst nehmen und
Ihrerseits einen schnelleren Ausstieg fordern, um eben gerade Panik,
Angst und Schrecken zu vermeiden und dass Sie mit uns Missstände in
den Manageretagen rechtzeitig aufdecken, um Panik, auch bei den Angestellten
und Aktionären, zu vermeiden.


Zum Schluß: Herrn Gaßner hätte ich damals (siehe email vom 12.3.2013) mit meinem Kommentar gerne "weggezaubert" was er als nicht gerade "nette Idee" fand (sorry). Sie würde ich gerne nach Fukushima auf Dienstreise schicken um zu überprüfen ob die Japaner wirklich so "gefasst" sind wie Sie schreiben oder ob das nur eine "Zeitungsente" war.



Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Oberacker


Sehr geehrter Herr Oberacker,

haben sie vielen Dank für Ihre Zuschrift. Es ist interessant, dass sich die zustimmenden Reaktionen mit den ablehnenden Reaktionen auf meinen Kommentar so ziemlich die Waage halten. Erst am Freitag rief mich ein Leser an, der mir überschwenglich zu meinem Mut gratulierte, endlich einmal gegen die herrschende Meinung anzuschreiben. Sie sehen, nicht alle sind Ihrer Meinung. Viele kritische Leser machen sich eben Sorgen. Kein Land der Welt folgt Deutschland auf seinem energiepolitischen Weg. Australien kehrt sogar zur Kohle zurück, weil Deutschland mit seinen überteuerten Energiepreisen abschreckend wikt. Das gibt doch zu denken.

Ich persönlich habe die Laufzeitverlängerungen unter Merkel für falsch gehalten. Klüger wäre es gewesen,  an den alten Vereinbarungen von Rot-Grün nicht zu rütteln. Aber dann plötzlich wegen Fukuschima eine solche Kehrtwende hinzulegen, war kopflos. Schon bald wird uns diese Entscheidung auf die Füße fallen.

Im Übrigen wundere ich mich, dass Sie mir unterstellen, ich würde mir nur ausmalen, dass die Japaner gefasst sind. Shinzo Abe, der jetzige Premier Japans, ein erklärter Atomkraftbefürworter, wurde 2012 mit überwältigender Mehrheit gewählt. Der vorherige Premier verlor drei Viertel der Sitze. Wenn das kein Votum für Atomkraft war. Nein,  Ihre Zuschrift bestätigt meine Einschätzung: In Deutschland können energiepolitische Entscheidungen nicht mit dem nötigen Augenmaß gedfällt werden. Immer schwingt eine unheilvolle Weltuntergangsstimmung mit, die den Entscheidungshorizont vernebelt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Udo Stark

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Sehr geehrter Herr Dr. Stark,

vielen Dank für Ihre Antwort zu meiner eMail "BNN vom 12.3.2014: "Gefasste Japaner"" vom 17.3.2014.

Anbei nur ein aktueller Beitrag zu dem Thema, wie "gefasst" die Japaner wirklich sind. Wie es aussieht, ist meine Einschätzung der Lage doch etwas realistischer als Ihre. Dass Sie (nur) 50 % positive Rückmeldungen zur Ihrem Beitrag hatten, müsste Ihnen aber zu denken geben und dass wohl meine Meinung nicht ganz falsch gewesen war. Allerdings werden auch immer Menschen mitdiskutieren, die nicht nur die Atomkraftwerke nicht abschalten, sondern auch noch neue der Generation IV bauen wollen. Das sind wohl die Herren, die sich so über Ihren Artikel gefreut haben.

Dass Sie aber anscheinend grundsätzlich gegen Atomkraft sind und die Laufzeitverlängerungen unter Druck der FDP für falsch hielten, freut mich sehr. Die FDP hat ja im Nachhinein auch ihre Rechnung dafür erhalten - jetzt übernimmt die AfD wohl dieses dubiose Geschäftsfeld!?

Zum Schluss noch eine persönliche Frage an Sie: Wie gefasst wären Sie denn eigentlich, wenn an der Ostsee deutsche Kernkraftwerke mehrere Kernschmelzen erfahren hätten, Unmengen an Brennstäben in Kühlbecken dahinvegetieren würden und Ihre Oma in der Nähe ein kleines Häuschen hätte, in dem Sie aufgewachsen sind? Oder wenn Ihr Lebensmittelpunkt in einem der Evakuierungsbereiche liegen würde, den Sie und Ihre Familie dann bei einem ?Zwischenfall“ für alle Zeiten verlassen müssten?

Zweite und letzte Frage: Sie scheinen Ihre Argumente hauptsächlich auf monetäre Daten zu stützen. Glauben Sie, dass Gewinne oder Verluste von bestimmten Konzernen und Aktionären der Welt länger Probleme bereiten als eine nukleare Katastrophe wie in Fukushima? Gewinne sind in unserer Gesellschaft sowieso für die Unternehmen und Konzerne, für den Rest muss dann der Staat aufkommen, siehe ?End“lagerung, Probleme wie Asse bis hin zur Katastrophenbewältigung wie in Japan …

Am meisten verwundert mich jedoch, dass Sie meine Meinung trotz Tschernobyl, Fukushima und dem exponentiell ansteigendem Atommüllproblem mit ?unheilvoller Weltuntergangsstimmung“ gleichsetzen. Zum Glück hat unsere Bundesregierung und die Mehrheit der deutschen Wähler schon geklärt wessen Entscheidungshorizont vernebelt ist und dass Klientelpolitik nicht mehr gewünscht wird.


Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Oberacker


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